Positive Verstärkung – Homo Sapiens Futterautomaticus
Propagiert als das Hunde“erziehungs“mittel der Wahl, als alternative 360 Grad Wende zum Hundeplatz Bootcamp, überrollte uns diese „einfache und nette Art und Weise“ dem Hund unseren Willen aufzufüttern vor einigen Jahrzehnten.
Clicker Training - Training (das Wort Erziehung verwende ich hier nicht, das ist etwas ganz anderes) über positive Verstärkung - Lob statt Strafe.
Das liest sich schön, benutzerfreundlich und leicht anzuwenden für uns Menschen. Uns wird suggeriert, dass der Hund ohne Druck, Strafe und unser Missfallen trainiert werden kann.
Somit können wir reinen Gewissens mit unserem Hund auf einer freundschaftlichen Ebene trainieren ohne eine offensichtliche Strafe anzuwenden.
Macht und positive Verstärkung, diese Begriffe werden von Anhängern dieser Methode nicht in Zusammenhang gebracht.
Von mir schon.
Ich übe Macht aus, immer dann wenn der Verstärker ausbleibt, ich übe Macht aus, immer dann wenn ich den Hund dazu bringe ein Verhalten zu erlernen, welches für ihn ohne Sinn ist.
Wird er ständig für seine Leistung bezahlt und bleibt die Bezahlung dann plötzlich aus – ist das sehr wohl eine Strafe für den Hund. Definiert sich ein Individuum nur über Leistung, ich bin wertvoll weil ich etwas leiste, und diese Leistung ist auf einmal nicht mehr gut genug, kann sich Mensch oder Hund nur wertlos fühlen.
Jeder der das nicht glauben will, lasse sich bitte einmal selber durch Klicker, oder ohne, nur durch positive Verstärkung eines Verhaltens shapen (bez. das Formen eines Verhaltens). Am besten noch vor Publikum, damit man sich so richtig doof dabei vorkommen kann. Keiner darf helfen, obwohl doch die wichtigste Bezugsperson ganz nah ist, Freunde, Bekannte sitzen im Publikum. Alle lassen Dich im Regen stehen, treulos, regungslos, emotionslos. Alle warten gespannt, ob Du jetzt endlich kapierst was man von Dir erwartet.
Du wartest schon sehnsüchtig auf den nächsten Klick, die nächste Belohnung, um zu erfahren ob du auf dem richtigen Weg bist, und spulst ganz schnell alles ab, was Dich schon mal zum Erfolg gebracht hat.
Dabei hast Du mit Sicherheit super viel „Spaß“, oder ist es Aufregung und das Gefühl schnell dieser unangenehmen Situation entkommen zu wollen, was Du da zeigst?
Die Gefühle die da in Euch hochkommen sind nicht zu unterschätzen, daher bitte nicht mit Kindern oder labilen Personen durchführen.
Wir trainieren und dressieren also unser angebliches Familienmitglied Hund und erziehen unsere Kinder?
Oder kommen Sie auf die Idee Ihr Kind fürs „Windelrein“ werden mit einem Gummibärchen zu entlohnen?
Oder dafür, dass es Sie ausnahmsweise mal nicht gegen`s Schienbein tritt?
Welchen der 4 Instinkte des Hundes möchte Mensch mit dieser Art Training ansprechen?
Den Friede Freude Eierkuchen Instinkt?
Der Hund hat seine 4 Instinkte stets beisammen, im Gegensatz dazu fehlen uns offensichtlich ein paar Beutel im Schrank.
Die 4 Instinkte des Hundes:
der soziale Rudelinstinkt,
der Jagdinstinkt,
der Territorialinstinkt
und der Sexualinstinkt.
Laut Instinktkreis des Hundes, würden wir, da es den
FFEi-kuchen Instinkt also gar nicht gibt, somit den sozialen Rudelinstinkt ansprechen.
Auf eine perfide Art und Weise wird er auch tatsächlich aktiviert.
Denn auch eine Geschäftsbeziehung, ist eine Beziehung. Zu meinem Bäcker habe ich schließlich auch eine Beziehung. Der freut sich immer, wenn ich ihn bezahle.
Möchte ich die gleiche Art von Beziehung auch zu meinem Ehepartner haben?
„Schatzi, Geld liegt auf dem Nachttisch!“
Bei meinem „Familienmitglied“ Hund ist es mir egal, ob ich ihn bezahlen muss, damit er zu mir kommt?
Oder soll er das immer noch, laut weitverbreitetem Glauben tun, weil er mir so treu ergeben ist?
Wo ist in dieser Beziehung mein Part, meine Treue, meine Betreuung des mir anvertrauten Adoptivkindes?
Was bin ich bereit zu investieren?
Ein Stück Fleischwurst?
Wir degradieren unseren Hund zu einer Reiz-Reaktionsmaschine, uns selbst zu einem Fleischwurst-Käse Automaten. Wo bleibt da die Beziehung, die Bindung?
Genau - auf der Strecke.
Der Mensch bestimmt, welche Art von Beziehung zu seinem Hund entsteht und diese Beziehung bestimmt, ob sich zwischen Beiden eine sichere Bindung aufbaut.
Wenn ich mich gegen die Elternrolle entscheide und an meiner Freundschaftsbeziehung zum Hund festhalte, brauche ich mich nicht wundern, wenn es in wichtigen Situationen nicht mehr reicht mit dem ganzen Fleischwurstring zu wedeln, sondern der Hund dann seine eigenen Entscheidungen trifft.
So ist das mit Freunden, die können auch mal ihre eigenen Wege gehen, ohne dass sie danach sauer aufeinander sind.
In einer Familie aber gibt es Verbindlichkeiten (Bindungen) untereinander.
Wir stehen füreinander ein, auch und gerade in schweren Zeiten.
Als Eltern sind wir für die Sicherheit im Rudel und die Verwaltung der Ressourcen zuständig. Und diese wichtigen Aufgaben nehmen dem Hund viel Verantwortung und damit auch Stress ab.
Die Elternrolle ist mit einer Freundschaftsbeziehung nicht vereinbar.
Der Hund wird durch Klicker Training noch nicht einmal vermenschlicht, schlimmer, er wird enthundlicht.
Alles was ihn ausmacht, spielt hierbei keine Rolle.
Der Mensch ist bei dieser Art Dressur austauschbar. Der nächste der vorbei kommt und den Klicker in die Hand nimmt, kann unserem Hund noch mehr unsinniges beibringen, und das total emotionslos. Weil der soziale Bezug zum Menschen bei dieser Dressur fehlt!
Automatisierungstechnik beim Menschen = homo sapiens futterautomaticus.
Wir trauen unserem Hund nicht zu etwas lernen zu können, ohne dass innerhalb von 2 Sekunden eine Belohnung in Form von Futter erfolgt. Mit welchen Maßstäben messen wir hier?
Dressiert ist der Hund dadurch super schnell, aber auch erzogen?
Ein Großteil der Hundebesitzer wendet diese Methode an, um ihrem Hund „etwas“ bei zu bringen. Etwas was wir Menschen unbedingt brauchen, wie Rolle, Schäm dich, etc. … .
Haben wir dadurch in den letzten 10-20 Jahren weniger Probleme mit dem Verhalten unserer Hunde?
Ich würde sagen, die Probleme die der Mensch mit seinem Hund hat, häufen sich.
Woran kann das liegen?
Anscheinend kann der Hund seinen Menschen nicht mehr ernst nehmen, kümmert der sich doch lieber um seinen Leckerchenbeutel, als um die Sicherheit des gemischten Rudels.
Ist die Sicherheit nicht gewährleistet, wird der Hund nicht fressen können.
Dort schließt sich der Kreis, die 4 Instinkte und überlebenswichtige Dinge im Leben eines Hundes, wie Sicherheit, können nicht an- oder weggefüttert werden. Übernehmen wir Menschen diese wichtigen Dinge nicht, und geben ihm keine Gelegenheiten mit uns gemeinsam zu unseren Regeln überlebenswichtige Fertigkeiten zu erlernen, wird der Hund den Posten des Sicherheitschefs übernehmen und seine Bedürfnisse ohne uns befriedigen, und schwups haben wir das Hundeverhalten mit dem wir Probleme haben.
Positive Verstärkung funktioniert immer?
Jede „Methode“ Hunde zu trainieren oder zu dressieren oder zu erziehen hat ihre Grenzen, und die verlaufen genau da, wo wir den Hund als Individuum anerkennen und mit gewissen Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen unseren Frieden schließen sollten, damit der Hund weiterhin ein sozial lebender Beutegreifer sein darf und kein dressiertes Äffchen.
Es gibt keine Alternative zu einer Erziehung im sozialen Bezug zum Menschen, die den Hund ganzheitlich betrachtet und sich wie ein roter Faden durch unser Leben mit Hund zieht. Erziehung findet schließlich den ganzen Tag statt, Training dagegen ist auf Trainingszeit beschränkt, wobei viele Aspekte des täglichen Zusammenlebens dann leider nicht berücksichtigt werden.
Ein Symptom zu bekämpfen macht wenig Sinn,
es sei denn ich möchte noch mehr Ursachen für
noch mehr Symptome kreieren.
Mit freundlicher Genehmigung der Autorin Birgit Hammesfahr